Dass mir der Service von HEY Email gut gefällt, ich ihn aber grundsätzlich zu teuer finde, habe ich hier schon geschrieben. Dass HEY auch an einem Kalender arbeitet, war schon etwas länger bekannt. Und ich war grundsätzlich darauf neugierig, auch wenn eine neue Kalender-App für mich nicht unbedingt notwendig ist. Die Standard-App von Apple und iCloud sind für meine Anwendungsfälle ausreichend genug. Selbst Fantastical konnte mich letztlich nicht überzeugen, auch wenn die App sehr gelungen ist.

HEY Calendar abgelehnt

Ich schreibe aber hier nicht über HEY-Calendar. Denn ich kann den Service weder ausprobieren noch ihn für gut oder schlecht befinden, weil Apple die App gar nicht erst in den App-Store gelassen hat. Hintergrund ist, dass der Dienst Geld kostet und die App damit einen bezahlten Dienst anbietet und dieser nicht über die App abgeschlossen werden kann. Apple will nämlich seine übliche Provision, die es bekommt, wenn Kunden über Apples Bezahlfunktion das Abo abschließen. Selbstverständlich hinkt Apples Ablehnung, denn in zahlreichen anderen Fällen hat Apple entsprechende Apps zugelassen. Sowohl Spotify als auch Netflix bieten ihre App genau so im App Store an. Und HEY Email ist natürlich auch im App Store. Es macht überhaupt keinen Sinn, HEY-Calendar abzulehnen, Spotify, Netflix & Co. aber zuzulassen.

Ich gehe mal wohlwollend zugunsten Apples davon aus, dass bestimmte Schlüsselpersonen in Apples App-Store-Team gerade im Urlaub sind und ein unsicherer Vertreter dachte, lieber restriktiv abzulehnen, als eine App zuzulassen und ein ungewolltes Paradebeispiel zu schaffen. Ob Apple die App letztlich noch zulassen wird, bleibt abzuwarten.

Provision

Apple war bereits öfter sehr restriktiv, wenn es darum ging, eine App mit kostenpflichtigem Angebot zuzulassen, deren Bezahlfunktion nicht über Apples eigenen Dienst läuft und damit Apples Provisionsanspruch umgeht. Wird eine Bezahlfunktion außerhalb der App, etwa auf der Webseite des Anbieters, angeboten, geht Apple völlig leer aus, obwohl Apple grundsätzlich dieselbe Arbeit bei der Prüfung und Zulassung der App hat. Für Kunden ist das äußert nervig. Und ich kann mir vorstellen, dass Apple unter Druck der EU diese Voraussetzungen lockern muss.

Alternativ-Vorschlag

Um die App-Store-Vergütung für Apple zu verbessern, könnte der Developer für seine App eine Gebühr zahlen müssen — unabhängig davon, ob sie die App verkaufen oder kostenfrei anbieten. Die Gebühr wird quasi als Entgelt für das Prüfen der App und das Pflegen des ganzen System verlangt. Kleine Apps könnten dabei kostenfrei bleiben und große Apps entsprechend gestaffelt ein paar tausend bis zigtausend Dollar kosten. Die Gebühr könnte sich an den Download-Zahlen der App und der Art des angebotenen Services orientieren. So könnte dann Apple von Spotify, Netflix und der DB für ihren tollen Navigator eine entsprechende Gebühr verlangen, die sowohl für Apple als auch den Anbieter fair ist; denn es ist klar, dass Spotify, Netflix und Co. von der iOS-Qualität und der Weiterentwicklung des Systems profitieren. Werden kostenpflichtige Abos über Apple abgeschlossen, halte ich eine Provision für richtig; aber 30 % sind meines Erachtens viel zu hoch.

Muss das App-Store Monopol fallen?

Abweichend davon könnte Apple auch gezwungen werden, das Sideloading von Apps in Gänze zuzulassen. Auch wenn Apple die Sicherheit der Handys stets als Grund für das Verbot des Sideloadings von Apps anführt, bin ich überhaupt kein Freund des kompletten Abschottens. Das Sideloading von Apps muss möglich sein und würde vor allem dem iPad helfen, aus seiner Gadget-Nische heraus ein vollwertiges Gerät zu werden.1

Wenn das App-Store-Monopol2 fällt, würde Apple von einem signifikanten Einnahme-Problem betroffen sein. Die Anbieter könnten ihre Apps mit Bezahlfunktionen anbieten, was für Kunden deutlich komfortabler ist. Ist das schlecht? In erster Linie nur für Apple. Für Kunden wäre das nur schlecht, wenn die Smartphones dadurch tatsächlich unsicherer würden. Hier könnte Apple aber auch ein Gatekeeper-System wie auf dem Mac anbieten. Und ich kann derzeit nicht nachvollziehen, warum macOS sicher ist, während iOS durch das Sideloading unsicher werden soll.

Grundsätzlich halte ich das Zulassen des Sideloading für richtig und wichtig, denn Apple hat mit dem App-Store eine beherrschende Stellung. Wird diese aufgebrochen, kann der Markt hingegen die Preise regulieren und bestimmen. Apple kann etwa als Anbieter einer Bezahlfunktion neben vielen anderen Anbietern auftreten. Außerdem wären Apps möglich, die Apple aus ganz anderen Gründen bisher nicht im App-Store zulassen wollte.

Selbstverständlich könnte man aus Apples Sicht argumentieren, dass man nicht gezwungen sei, überhaupt einen App-Store anzubieten. Das erste iPhone hatte nur die vorinstallierten Standard-Apps. Weder konnte man Apps löschen noch neue installieren. Und die Handys davor bestanden in der Regel auch nur aus dem Betriebssystem des Herstellers, ohne dass es Drittanbietern möglich war, Anwendungen dafür anzubieten. Weshalb sollte also Apple gezwungen werden, sein Smartphone entsprechend zu öffnen. Überspitzt formuliert: müsste jeder Hersteller einer Mikrowelle fürchten, dass er sein System zur Installation weiterer Apps öffnen muss? Wahrscheinlich muss man diesen Aspekt differenziert betrachten.

Computer als Vergleichsmaßstab

Es ist beispielsweise kaum vorstellbar, dass man auf einem Computer keine Programme installieren darf. Das Installieren und Nutzen von Programmen ist der wesentliche Charakter eines Computers. Und das könnte vielleicht auch bei den Apple-Geräten argumentativ herangezogen werden: der bestimmungsgemäße und typische Gebrauch eines Geräts. Ich bin der Meinung, dass Apple durch den App-Store selbst den bestimmungsgemäßen und typischen Gebrauch des iPhones und des iPads festgelegt hat. Dadurch, dass es möglich ist, Apps zu installieren, kaufen Kunden mitunter diese Geräte. Eine ganze Welt von Apps hat sich um das Smartphone herum aufgebaut: Banking-Apps, Authenticator-Apps, Neo-Broker, Social-Media-Apps sind so auf das Smartphone zugeschnitten, dass das Smartphone für den dahinterstehenden Dienst zwingend nötig ist.

Beim Kauf des ersten iPhones hätte Apple noch ohne Probleme argumentieren können, dass allein Apple die Software auf dem Gerät bestimmt. Kein Käufer hätte behaupten können, dass er sich das Smartphone gekauft habe, um die App eines Drittanbieters zu installieren. Mit Einführung App-Stores und der Etablierung solcher Apps ist das iPhone und das iPad nunmehr wie ein Computer zu behandeln. Es ist nicht mehr zu vertreten, dass Apple alleine entscheiden kann, welche Apps auf einem iPhone oder iPad installiert werden können.


  1. Ich denke vor allem Terminal-Tools wie LaTeX oder pandoc oder generell Mac-Apps ohne iPad-Version — letztere vielleicht ausschließlich im “Maus-Modus”. ↩︎

  2. Ich benutze den Begriff Monopol hier umgangssprachlich und in dem Sinne, dass Apple bzw. sein App Store die einzige Möglichkeit darstellen, Apps auf dem iPhone zu installieren. ↩︎